Diana Winkler, Inhaberin des MonOkel Buchladens in der Webergasse 3 in Chemnitz, saß im vergangenen Jahr auf Einladung der Stadt Chemnitz in der Jury des Schreibwettbewerbs „Dein Chemnitz. Dein Märchen“. Aus mehr als 70 Einsendungen wählte die Jury die drei schönsten Geschichten für den ersten Band des Chemnitzer Märchenbuches aus. „Benno und der Hüter des Rätsels“ ist seit Dezember 2021 für 14 Euro im Buchhandel erhältlich. Im Interview erzählt Diana Winkler, was ihr an der Geschichte gefiel und welche Tipps sie für Nachwuchsautor:innen hat, schließlich läuft noch bis zum 12. Mai die zweite Auflage des Schreibwettbewerbs. Am Ende wird es wieder ein Märchenbuch geben.

 

Die Teilnahme an einer Jurysitzung stellt man sich ja immer ein bisschen glamourös vor. Wie war das beim Chemnitzer Schreibwettbewerb?
Ich habe mich durch die Aufgabe sehr geehrt gefühlt.  Als Zugezogene war ich neugierig auf die Ideen in den Geschichten, die ja auch zeigen, wie Chemnitzer:innen in ihre Stadt schauen. Und ich habe selbst Unbekanntes entdecken können, das war spannend. So viele unterschiedliche Geschichten zu lesen, erfordert über viele, viele Stunden allerdings auch eine sehr hohe Konzentration. Zum Glück war der Sommer 2021 nicht so heiß.

War die Geschichte, für die sich die Jury letztlich entschieden hat, auch Ihr ganz persönlicher Favorit?
Ja, sie war unter meinen Favoriten. Bei „Benno und der Hüter des Rätsels“ gab es die höchste Übereinstimmung in der Jury.

Was unterscheidet die Gewinnergeschichte von den anderen? Was macht sie besonders, so dass sie den ersten Platz verdient hat?
Nach dem Lesen wollte ich gern einfach durch die Stadt laufen, ganz viele bunte Kaugummis kauen und den Figuren zuhören… Eine schöne Einladung liegt in der Idee zu dieser Geschichte. Und eine magische Anziehung.

Das Chemnitzer Märchenbuch steht natürlich auch bei Ihnen im Buchladen im Regal. Warum sollte Ihre Kundinnen und Kunden zu diesem Buch greifen?
Das Chemnitzer Märchenbuch ist mit zwei weiteren Geschichten ein Vorlesebuch für die Familie oder für die Gemeinschaft in Kindergärten oder an Grundschulen. Der Bezug zu ihrer Heimatstadt bereitet Kindern beim Wiedererkennen große Freude. Und die Neugier wird geweckt, vor der eigenen Haustür Neues zu entdecken, manchmal vielleicht auch nur anders hinzuschauen.

Spüren Sie bei Ihren Kunden eine Nachfrage nach Büchern mit regionalem Bezug? Falls ja, woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Bei uns im Laden gibt es eine individuelle Nachfrage nach Stadt(ver)führern. Romane mit regionalem Bezug werden sehr gern verschenkt. In beiden Segmenten wird vermutlich eine Verbindung hergestellt zu Menschen, die Chemnitz verlassen haben oder die zugezogen sind. In gewisser Weise ist das eine Einladung oder ein Wunsch nach Annäherung sozusagen. Vielleicht ist es aber auch ganz anders… 

Ihr Beruf bringt es mit sich, dass Sie viel lesen. Hand aufs Herz: Wieviele Bücher lesen Sie pro Jahr?
Das weiß ich nicht. Ich habe täglich viele Neuerscheinungen in der Hand, die wir gemeinsam in ihrer Qualität für unseren Anspruch im Buchladen ausgewählt haben. Es ist nicht möglich, alle Bücher durchzulesen. Aber hier und da bleiben die Worte plötzlich an mir kleben und das Buch ebenso… Ein zeitlos schönes Ein- und Abtauchen ist das.

Darf man ein Buch auch nach wenigen Seiten weglegen, wenn es einem nicht gefällt?
Warum nicht? Die Auswahl ist groß. Doch manchmal liegt die Gunst des Buches in einer ganz subtilen Verführung, etwas Geheimnisvolles geht von ihm aus. Das mag ich persönlich sehr. Und dafür muss ich mich auch tiefer einlassen mögen… 

Worüber ärgern Sie sich bei Autorinnen und Autoren immer wieder?
Ich scheue in der Masse, dass sich so viele Menschen als Autor:in bezeichnet wissen wollen. Beliebigkeit und zu viel Eigensinn irritieren mich. 

Welche Tipps haben Sie für die Nachwuchsautorinnen und -autoren aus der Stadt Chemnitz in Hinblick auf den neuen Schreibwettbewerb?
Geschichten für Kinder möchten beim Anschauen und Vorlesen Neugier, Lust und Freude wecken. Belehrungen, Ratschläge und Klischees bereiten wenig echtes Lesevergnügen. Gute Geschichten sind aktuell und zeitlos zugleich, sie können zu jeder Zeit an jedem Ort möglich werden und vielleicht auch nur in meiner Phantasie.
Bei Schreibwettbewerben ist es wichtig, formale Vorgaben zu beachten, vor allem zur Textgröße. Der Lesefluss sollte vor mehreren, altersdurchmischten Zuhörern erprobt werden, einfach, um ehrliche Rückmeldungen zu bekommen. Vor Einreichung die Geschichte unbedingt Korrektur lesen lassen. Je unabhängiger die Testleser und -hörer, desto wertvoller für die eigene wichtige Überarbeitung des Textes. 

Wenn Sie einmal selbst ein Buch schreiben: Wie würde der Titel lauten?
Ich schreibe und zeichne in Tage- und bisweilen Nächtebüchern. Notizen, die keiner Veröffentlichung zugedacht sind, eher einem knisternden Feuer. Schreiben in dieser selbstvergessenen Weise ist sehr heilsam für mich.